Blick auf die Märkte – EZB erhöht die Leitzinsen um 25 BP – Zinswende in Japan
28.07.2023 | Christian Buntrock
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0977 (06:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0966 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 139,72. In der Folge notiert EUR-JPY bei 153,37. EUR-CHF oszilliert bei 0,95449.
Blick auf die Märkte
Die Anleger haben nach den Entscheidungen der Notenbanken wider verstärkt investiert. Besonders stieg die Nachfrage nach europäischen Aktien, die deutlich hinzugewannen. Grund ist die Hoffnung, dass die Zinserhöhungsphase sich dem Ende zuneigt. Die Äußerungen von Frau Lagarde wurden taubenhafter aufgenommen als die von Jerome Powell, ihrem Pendant in den USA, da die Erwartungen an die zukünftigen Zinserhöhungen der EZB höher waren.
In der Folge stiegen nicht nur die europäischen Titel deutlicher als die US-Titel an, auch der Euro gab gegen den US-Dollar spürbar nach und fiel von 1.1140 auf 1.0990. Die Anleger am Devisenmarkt preisten den Zinsspread zwischen den beiden Währungsräumen neu. Gold verbilligte sich in Folge des festen US-Dollars und fiel um 1,3% in den Bereich um 1.946 US-Dollar / Unze. Bundesanleihen wurden nach der EZB-Pressekonferenz verstärkt nachgefragt, gaben ihre Gewinne aber im Handelsverlauf wieder ab.
Die EZB übernimmt das Drehbuch der Federal Reserve
Beim Hören gestrigen EZB-Pressekonferenz kam ein Déjà-vu Gefühl auf. Wörtlich sagte Frau Lagarde:
"Wir sind offen für die Entscheidungen, die wir im September und in den folgenden Sitzungen treffen werden. Wir könnten also die Zinsen erhöhen oder wir könnten sie beibehalten. Sollte die EZB eine Pause einlegen, würde dies nicht unbedingt für einen längeren Zeitraum gelten". Inhaltlich entspricht dies fast genau dem, was Jerome Powell einen Abend im Nachgang der US-Notenbanksitzung verkündete. Frau Lagarde schloss lediglich – wie Powell – Zinssenkungen aus.
Das Handeln der Notenbanken erfolgt scheinbar zunächst synchron, sicherlich, weil man die Lage in der Welt ähnlich bewertet, vielleicht auch, weil man im Hintergrund Absprachen über ein gemeinsames Vorgehen getroffen hat.
Bereits im Vorfeld der gestrigen Notenbanksitzung hatten Vertreter der EZB angedeutet, dass sich die Zinserhöhungskampagne ihrem Ende nähert, da der Inflationsdruck abgenommen hat. Zwar wurde Frau Lagarde nicht müde zu betonen, dass man die Inflation vehement bekämpfen werde, ihre Aussage von der vorherigen Pressekonferenz, dass an Zinspausen nicht zu denken sei, mochte sie aber nicht wiederholen.
Kommentar: das die EZB bereits jetzt deutlich macht, dass weitere Zinserhöhungen nicht fest gesetzt sind, passt vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage. Die Konjunkturdaten der beiden größten Volkswirtschaften Europas, Deutschland und Frankreich, trüben sich ein. Die Auswirkungen der Zinserhöhungen haben an den Gütermärkten einen Zeitversatz von 12-24 Monaten. Die dämpfende Wirkung der bereits getätigten Zinsanhebungen wird also erst in den kommenden Monaten zu spüren sein.
Bereits jetzt warnen die inversen Zinsstrukturkurven für Deutschland und Frankreich vor einer kommenden Rezession. Unterschätzen Sie an dieser Stelle nicht die Prognosekraft: bis auf eine Ausnahme folgte auf eine inverse Zinsstrukturkurve in der Geschichte der Bundesrepublik immer eine Rezession.
Die Zentralbanken werden in den nächsten beiden Monaten versuchen, das Restrisiko auszuschließen, dass die Kerninflationsrate höher bleibt als erwartet. Sollten sich diese Daten aber im Erwartungsrahmen bewegen, ist mit Zinssenkungen in 2024 zu rechnen. Der Kapitalmarkt mag hier – insbesondere für die USA mit sehr guten Wirtschaftsdaten – etwas optimistisch vor der Kurve liegen, die Grundrichtung zeigt er aber deutlich und korrekt an.
Bank of Japan überrascht mit Zinswende
Die Bank of Japan (BOJ) leitet Wende in ihrer Zinspolitik ein, indem sie den Zugriff auf die langfristigen Zinsen lockert. Zwar liegt in Zukunft das Ziel für 10-jährige Renditen bei etwa 0%, die BOJ erklärte aber, dass die Obergrenze von 0,5% zukünftig ein Referenzpunkt und keine starre Grenze mehr sei. Ihren kurzfristigen Negativzins beließ die Bank unverändert bei -0,1%. Als Reaktion fiel der Yen zunächst um 1%, um dann in einer Gegenbewegung die Verluste zu egalisieren und ca. 1% stärker zu notieren. Die Renditen der japanischen Benchmark-Anleihen stiegen und überschritten die von der Zentralbank zuvor gelockerte Obergrenze von 0,5%.
Kommentar: Die Lockung der Zinskurve seitens der BOJ ist nur ein erster Schritt hin zu einer Normalisierung der Geldpolitik. Dies sollte mit Aufwärtspotential für den japanischen Yen einhergehen, zumal die Federal Reserve am Ende ihres Zinserhöhungszyklus angekommen ist.
Insbesondere japanische Investoren könnten deutliche Verschiebungen der Kapitalströme bewirken. Die Gruppe ist der größte ausländische Inhaber von US-Staatsanleihen und hält auch hohe Mengen an europäischen Anleihen. Höhere Zinsen in der Heimat könnte diese Anleger also bewegen, einen Teil des Geldes wieder in Japan zu investieren. Vor dem Hintergrund steigender Zinsen ist auch ein Blick auf die japanischen Bankaktien angebracht, die von der geänderten Politik profitieren sollten.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1,0820 – 1,0850 negiert dieses Szenario.
Viel Erfolg und einen guten Start in den Tag
© Christian Buntrock
Netfonds Gruppe
Hinweis: Der Hellmeyer Report ist eine unverbindliche Marketingmitteilung der Netfonds AG, die sich ausschließlich an in Deutschland ansässige Empfänger richtet. Er stellt weder eine konkrete Anlageempfehlung dar noch kommt durch seine Ausgabe oder Entgegennahme ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag gleich welcher Art zwischen der Netfonds AG und dem jeweiligen Empfänger zustande.
Die im Hellmeyer Report wiedergegebenen Informationen stammen aus Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir jedoch keine Gewähr oder Haftung übernehmen können. Soweit auf Basis solcher Informationen im Hellmeyer Report Einschätzungen, Statements, Meinungen oder Prognosen abgegeben werden, handelt es sich jeweils lediglich um die persönliche und unverbindliche Auffassung der Verfasser des Hellmeyer Reports, die in dem Hellmeyer Report als Ansprechpartner benannt werden.
Die im Hellmeyer Report genannten Kennzahlen und Entwicklungen der Vergangenheit sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen, sodass sich insbesondere darauf gestützte Prognosen im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Der Hellmeyer Report kann zudem naturgemäß die individuellen Anlagemöglichkeiten, -strategien und -ziele seiner Empfänger nicht berücksichtigen und enthält dementsprechend keine Aussagen darüber, wie sein Inhalt in Bezug auf die persönliche Situation des jeweiligen Empfängers zu würdigen ist. Soweit im Hellmeyer Report Angaben zu oder in Fremdwährungen gemacht werden, ist bei der Würdigung solcher Angaben durch den Empfänger zudem stets auch das Wechselkursrisiko zu beachten.
Blick auf die Märkte
Die Anleger haben nach den Entscheidungen der Notenbanken wider verstärkt investiert. Besonders stieg die Nachfrage nach europäischen Aktien, die deutlich hinzugewannen. Grund ist die Hoffnung, dass die Zinserhöhungsphase sich dem Ende zuneigt. Die Äußerungen von Frau Lagarde wurden taubenhafter aufgenommen als die von Jerome Powell, ihrem Pendant in den USA, da die Erwartungen an die zukünftigen Zinserhöhungen der EZB höher waren.
In der Folge stiegen nicht nur die europäischen Titel deutlicher als die US-Titel an, auch der Euro gab gegen den US-Dollar spürbar nach und fiel von 1.1140 auf 1.0990. Die Anleger am Devisenmarkt preisten den Zinsspread zwischen den beiden Währungsräumen neu. Gold verbilligte sich in Folge des festen US-Dollars und fiel um 1,3% in den Bereich um 1.946 US-Dollar / Unze. Bundesanleihen wurden nach der EZB-Pressekonferenz verstärkt nachgefragt, gaben ihre Gewinne aber im Handelsverlauf wieder ab.
Die EZB übernimmt das Drehbuch der Federal Reserve
Beim Hören gestrigen EZB-Pressekonferenz kam ein Déjà-vu Gefühl auf. Wörtlich sagte Frau Lagarde:
"Wir sind offen für die Entscheidungen, die wir im September und in den folgenden Sitzungen treffen werden. Wir könnten also die Zinsen erhöhen oder wir könnten sie beibehalten. Sollte die EZB eine Pause einlegen, würde dies nicht unbedingt für einen längeren Zeitraum gelten". Inhaltlich entspricht dies fast genau dem, was Jerome Powell einen Abend im Nachgang der US-Notenbanksitzung verkündete. Frau Lagarde schloss lediglich – wie Powell – Zinssenkungen aus.
Das Handeln der Notenbanken erfolgt scheinbar zunächst synchron, sicherlich, weil man die Lage in der Welt ähnlich bewertet, vielleicht auch, weil man im Hintergrund Absprachen über ein gemeinsames Vorgehen getroffen hat.
Bereits im Vorfeld der gestrigen Notenbanksitzung hatten Vertreter der EZB angedeutet, dass sich die Zinserhöhungskampagne ihrem Ende nähert, da der Inflationsdruck abgenommen hat. Zwar wurde Frau Lagarde nicht müde zu betonen, dass man die Inflation vehement bekämpfen werde, ihre Aussage von der vorherigen Pressekonferenz, dass an Zinspausen nicht zu denken sei, mochte sie aber nicht wiederholen.
Kommentar: das die EZB bereits jetzt deutlich macht, dass weitere Zinserhöhungen nicht fest gesetzt sind, passt vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage. Die Konjunkturdaten der beiden größten Volkswirtschaften Europas, Deutschland und Frankreich, trüben sich ein. Die Auswirkungen der Zinserhöhungen haben an den Gütermärkten einen Zeitversatz von 12-24 Monaten. Die dämpfende Wirkung der bereits getätigten Zinsanhebungen wird also erst in den kommenden Monaten zu spüren sein.
Bereits jetzt warnen die inversen Zinsstrukturkurven für Deutschland und Frankreich vor einer kommenden Rezession. Unterschätzen Sie an dieser Stelle nicht die Prognosekraft: bis auf eine Ausnahme folgte auf eine inverse Zinsstrukturkurve in der Geschichte der Bundesrepublik immer eine Rezession.
Die Zentralbanken werden in den nächsten beiden Monaten versuchen, das Restrisiko auszuschließen, dass die Kerninflationsrate höher bleibt als erwartet. Sollten sich diese Daten aber im Erwartungsrahmen bewegen, ist mit Zinssenkungen in 2024 zu rechnen. Der Kapitalmarkt mag hier – insbesondere für die USA mit sehr guten Wirtschaftsdaten – etwas optimistisch vor der Kurve liegen, die Grundrichtung zeigt er aber deutlich und korrekt an.
Bank of Japan überrascht mit Zinswende
Die Bank of Japan (BOJ) leitet Wende in ihrer Zinspolitik ein, indem sie den Zugriff auf die langfristigen Zinsen lockert. Zwar liegt in Zukunft das Ziel für 10-jährige Renditen bei etwa 0%, die BOJ erklärte aber, dass die Obergrenze von 0,5% zukünftig ein Referenzpunkt und keine starre Grenze mehr sei. Ihren kurzfristigen Negativzins beließ die Bank unverändert bei -0,1%. Als Reaktion fiel der Yen zunächst um 1%, um dann in einer Gegenbewegung die Verluste zu egalisieren und ca. 1% stärker zu notieren. Die Renditen der japanischen Benchmark-Anleihen stiegen und überschritten die von der Zentralbank zuvor gelockerte Obergrenze von 0,5%.
Kommentar: Die Lockung der Zinskurve seitens der BOJ ist nur ein erster Schritt hin zu einer Normalisierung der Geldpolitik. Dies sollte mit Aufwärtspotential für den japanischen Yen einhergehen, zumal die Federal Reserve am Ende ihres Zinserhöhungszyklus angekommen ist.
Insbesondere japanische Investoren könnten deutliche Verschiebungen der Kapitalströme bewirken. Die Gruppe ist der größte ausländische Inhaber von US-Staatsanleihen und hält auch hohe Mengen an europäischen Anleihen. Höhere Zinsen in der Heimat könnte diese Anleger also bewegen, einen Teil des Geldes wieder in Japan zu investieren. Vor dem Hintergrund steigender Zinsen ist auch ein Blick auf die japanischen Bankaktien angebracht, die von der geänderten Politik profitieren sollten.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1,0820 – 1,0850 negiert dieses Szenario.
Viel Erfolg und einen guten Start in den Tag
© Christian Buntrock
Netfonds Gruppe
Hinweis: Der Hellmeyer Report ist eine unverbindliche Marketingmitteilung der Netfonds AG, die sich ausschließlich an in Deutschland ansässige Empfänger richtet. Er stellt weder eine konkrete Anlageempfehlung dar noch kommt durch seine Ausgabe oder Entgegennahme ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag gleich welcher Art zwischen der Netfonds AG und dem jeweiligen Empfänger zustande.
Die im Hellmeyer Report wiedergegebenen Informationen stammen aus Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir jedoch keine Gewähr oder Haftung übernehmen können. Soweit auf Basis solcher Informationen im Hellmeyer Report Einschätzungen, Statements, Meinungen oder Prognosen abgegeben werden, handelt es sich jeweils lediglich um die persönliche und unverbindliche Auffassung der Verfasser des Hellmeyer Reports, die in dem Hellmeyer Report als Ansprechpartner benannt werden.
Die im Hellmeyer Report genannten Kennzahlen und Entwicklungen der Vergangenheit sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen, sodass sich insbesondere darauf gestützte Prognosen im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Der Hellmeyer Report kann zudem naturgemäß die individuellen Anlagemöglichkeiten, -strategien und -ziele seiner Empfänger nicht berücksichtigen und enthält dementsprechend keine Aussagen darüber, wie sein Inhalt in Bezug auf die persönliche Situation des jeweiligen Empfängers zu würdigen ist. Soweit im Hellmeyer Report Angaben zu oder in Fremdwährungen gemacht werden, ist bei der Würdigung solcher Angaben durch den Empfänger zudem stets auch das Wechselkursrisiko zu beachten.