Blick auf die Märkte – Bidens Investitionspolitik – Trendwende in der Türkei?
01.08.2023 | Christian Buntrock
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0984 (06:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,098 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 142,71. In der Folge notiert EUR-JPY bei 156,76. EUR-CHF oszilliert bei 0,95806.
In eigener Sache: aufgrund von Reisetätigkeiten fällt morgen der Hellmeyer-Report aus, am Donnerstag sind wir wieder für Sie da.
Blick auf die Märkte
Zum Monatsstart bieten die Vorgaben der asiatischen Märkte für Europa ein gemischtes Bild. Während die japanischen Indizes mehrheitlich im Plus liegen, kam es in China nach der Rallye der letzten Tage zu leichten Gewinnmitnahmen. Unterdessen trübte sich die Datenlage dort auch weiter ein. Der Caixin-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe fiel im Juli von 50,5 Punkten auf ein Sechsmonatstief von 49,2 Punkten und damit unter die Expansionsschwelle von 50 Punkten. Dies passt zu dem gestern veröffentlichten offiziellen Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe, der ebenfalls einen Rückgang der Produktionstätigkeit in China aufzeigte.
Saisonal treten in Märkte mit dem Beginn des Augusts in eine schwierige Phase. Im Zeitfenster seit 1995 war für den August wie auch für den September die Rendite des Dow Jones und des S&P 500 negativ. Passend dazu vermeldete Bloomberg heute morgen, dass insbesondere Hedge Fonds die sowohl auf steigende als auch auf fallende Kurse setzen, in der vergangenen Woche ihre Positionen auf beiden Seiten ihres Buches reduziert haben. Dieses "De-Grossing" könnte mit einer Änderung des Sentiments und auch der Erwartung einer höheren Volatilität aufgrund der Saisonalität in Verbindung gebracht werden.
Schafft es Biden, sich den Wahlsieg in den USA zu kaufen?
Die zuletzt guten Daten im verarbeitenden Gewerbe haben in den USA auch eine politische Komponente. US-Präsident Bidens Wirtschaftskompetenz wird in Teilen bei den Wählern skeptisch gesehen. Daher wurde er in der letzten Wochen nicht müde zu betonen, dass die USA "mehr als eine halbe Billion Dollar an privaten Investitionen in das verarbeitende Gewerbe" angezogen hätten. Die USA würden “einen Fabrikboom“ erleben.
Biden hat in diesem Punkt Recht. Die Investitionen in das verarbeitende Gewerbe sind seit Beginn ihrer Messung noch nie so hoch gewesen wie in der jüngsten Zeit. Auch die Arbeitslosendaten und die Lohnzahlungen zeigen sich in der aktuellen Konjunkturphase äußerst stabil.
Das Weiße Hause stellt dabei auf Zahlen des Bureaus of Economic Analysis (BEA) ab, nach denen Investitionen in das verarbeitende Gewerbe gerade den größten Beitrag zum Wirtschaftswachstum des Landes seit mehr als vier Jahrzehnten geleistet haben.
Die Kehrseite der Medaille ist die steigende Verschuldung der USA, denn viele der Investitionen und der damit angestoßenen Multiplikatoreffekte sind staatlich subventioniert. Der hohe Verschuldungsgrad ist für die Wiederwahl aber weniger relevant als die wirtschaftliche Lage der Konsumenten. Daher soll die Unzufriedenheit im Weißen Haus groß sein, dass die positive Lage seitens der Wähler nicht auf Bidens Politik bezogen wird. Laut einer Umfrage von CNBC sind nur 37 % der Wähler mit der Wirtschaftspolitik der Regierung zufrieden.
Kommentar: die Zinswende könnte für die Regierung zum richtigen Zeitpunkt kommen. Sollte sich die Aussage von Jerome Powell bestätigen, dass die USA selbst um eine milde Rezession herumkommen, wird auch das Vertrauen der Konsumenten in die wirtschaftliche Lage steigen. Die Zukunft wird zeigen, ob die neu geschaffenen Strukturen dann wettbewerbsfähig sind oder ob sie – besonders im Bereich der Halbleiterindustrie – unter Überkapazitäten leiden werden. Zu diesem
Zeitpunkt wird sich aber bereits entschieden haben, ob der alte Präsident der USA auch der neue ist.
Geldpolitik in der Türkei: kommt die Trendwende?
Es ist die Aufgabe der neuen Zentralbankchefin Hafize Gaye Erkan, eine 180-Grad-Wende in der Geldpolitik ohne Gesichtsverlust für den Präsidenten zu leisten. Ihre ersten Schritte im Amt waren daher geldpolitisch halbherzig, realpolitisch wohl am Maximum:
so sind die Leitzinsen von 8,5% auf 15% im Juni und im Juli auf 17,5% erhöht worden. Ausreichend ist dies in keiner Weise. Folgt man dem Rat der Taylor-Regel, eine geldpolitische Regel zur Setzung des Leitzinses, müssten die Zinsen auf über 58% erhöht werden. Ein solcher Schritt würde aber die die türkische Wirtschaft in eine noch größere Krise stürzen, so dass die Regel in diesem Fall nur als Fingerzeig für die Amplitude der benötigten Erhöhungen gesehen werden sollte. Kurzfristig ausgereicht hätte sicherlich eine Erhöhung über 20%, ein Wert, der über den Analystenerwartungen lag.
Dies hätte bereits positive Auswirkungen auf die Stärke der Währung gehabt und würde direkt an einem der Inflationstreiber ansetzen. Da Präsident Erdogan aber bereits drei Zentralbankchefs wegen ihrer zu konventionellen Geldpolitik verschlissen hat, verbleibt nur der Weg der kleinen Schritte. Hierzu gehört auch das Anwerben von erfahrenem Personal, so wie letzte Woche mit einem Federal Reserve Ökonomen aus New York. Eine nachhaltige Bekämpfung der Inflation selbst, wird nach Aussagen der türkischen Zentralbank erst in 2024 erfolgen.
Kommentar: Die türkische Zentralbank versucht, wieder an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Die bisher unternommenen Schritte sind allesamt positiv zu werten. Überzeugt werden muss der Markt aber noch, dass die Zentralbank wirklich unabhängig ohne Rücksicht auf politische Bedenken agieren kann. Die Politik in der Türkei wird lernen müssen, das Spiel so zu spielen, dass auf die Zentralbank zwar geschimpft wird, wie wir es in den westlichen Ländern auch regelmäßig erleben, aber ihre Unabhängigkeit nicht angetastet wird. Ich persönlich bin davon noch nicht überzeugt. Viel wichtiger: der Markt auch nicht.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1,0820 – 1,0850 negiert dieses Szenario.
Viel Erfolg und einen guten Start in den Tag
© Christian Buntrock
Netfonds Gruppe
Hinweis: Der Hellmeyer Report ist eine unverbindliche Marketingmitteilung der Netfonds AG, die sich ausschließlich an in Deutschland ansässige Empfänger richtet. Er stellt weder eine konkrete Anlageempfehlung dar noch kommt durch seine Ausgabe oder Entgegennahme ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag gleich welcher Art zwischen der Netfonds AG und dem jeweiligen Empfänger zustande.
Die im Hellmeyer Report wiedergegebenen Informationen stammen aus Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir jedoch keine Gewähr oder Haftung übernehmen können. Soweit auf Basis solcher Informationen im Hellmeyer Report Einschätzungen, Statements, Meinungen oder Prognosen abgegeben werden, handelt es sich jeweils lediglich um die persönliche und unverbindliche Auffassung der Verfasser des Hellmeyer Reports, die in dem Hellmeyer Report als Ansprechpartner benannt werden.
Die im Hellmeyer Report genannten Kennzahlen und Entwicklungen der Vergangenheit sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen, sodass sich insbesondere darauf gestützte Prognosen im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Der Hellmeyer Report kann zudem naturgemäß die individuellen Anlagemöglichkeiten, -strategien und -ziele seiner Empfänger nicht berücksichtigen und enthält dementsprechend keine Aussagen darüber, wie sein Inhalt in Bezug auf die persönliche Situation des jeweiligen Empfängers zu würdigen ist. Soweit im Hellmeyer Report Angaben zu oder in Fremdwährungen gemacht werden, ist bei der Würdigung solcher Angaben durch den Empfänger zudem stets auch das Wechselkursrisiko zu beachten.
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Blick auf die Märkte
Zum Monatsstart bieten die Vorgaben der asiatischen Märkte für Europa ein gemischtes Bild. Während die japanischen Indizes mehrheitlich im Plus liegen, kam es in China nach der Rallye der letzten Tage zu leichten Gewinnmitnahmen. Unterdessen trübte sich die Datenlage dort auch weiter ein. Der Caixin-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe fiel im Juli von 50,5 Punkten auf ein Sechsmonatstief von 49,2 Punkten und damit unter die Expansionsschwelle von 50 Punkten. Dies passt zu dem gestern veröffentlichten offiziellen Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe, der ebenfalls einen Rückgang der Produktionstätigkeit in China aufzeigte.
Saisonal treten in Märkte mit dem Beginn des Augusts in eine schwierige Phase. Im Zeitfenster seit 1995 war für den August wie auch für den September die Rendite des Dow Jones und des S&P 500 negativ. Passend dazu vermeldete Bloomberg heute morgen, dass insbesondere Hedge Fonds die sowohl auf steigende als auch auf fallende Kurse setzen, in der vergangenen Woche ihre Positionen auf beiden Seiten ihres Buches reduziert haben. Dieses "De-Grossing" könnte mit einer Änderung des Sentiments und auch der Erwartung einer höheren Volatilität aufgrund der Saisonalität in Verbindung gebracht werden.
Schafft es Biden, sich den Wahlsieg in den USA zu kaufen?
Die zuletzt guten Daten im verarbeitenden Gewerbe haben in den USA auch eine politische Komponente. US-Präsident Bidens Wirtschaftskompetenz wird in Teilen bei den Wählern skeptisch gesehen. Daher wurde er in der letzten Wochen nicht müde zu betonen, dass die USA "mehr als eine halbe Billion Dollar an privaten Investitionen in das verarbeitende Gewerbe" angezogen hätten. Die USA würden “einen Fabrikboom“ erleben.
Biden hat in diesem Punkt Recht. Die Investitionen in das verarbeitende Gewerbe sind seit Beginn ihrer Messung noch nie so hoch gewesen wie in der jüngsten Zeit. Auch die Arbeitslosendaten und die Lohnzahlungen zeigen sich in der aktuellen Konjunkturphase äußerst stabil.
Das Weiße Hause stellt dabei auf Zahlen des Bureaus of Economic Analysis (BEA) ab, nach denen Investitionen in das verarbeitende Gewerbe gerade den größten Beitrag zum Wirtschaftswachstum des Landes seit mehr als vier Jahrzehnten geleistet haben.
Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung.
Die Kehrseite der Medaille ist die steigende Verschuldung der USA, denn viele der Investitionen und der damit angestoßenen Multiplikatoreffekte sind staatlich subventioniert. Der hohe Verschuldungsgrad ist für die Wiederwahl aber weniger relevant als die wirtschaftliche Lage der Konsumenten. Daher soll die Unzufriedenheit im Weißen Haus groß sein, dass die positive Lage seitens der Wähler nicht auf Bidens Politik bezogen wird. Laut einer Umfrage von CNBC sind nur 37 % der Wähler mit der Wirtschaftspolitik der Regierung zufrieden.
Kommentar: die Zinswende könnte für die Regierung zum richtigen Zeitpunkt kommen. Sollte sich die Aussage von Jerome Powell bestätigen, dass die USA selbst um eine milde Rezession herumkommen, wird auch das Vertrauen der Konsumenten in die wirtschaftliche Lage steigen. Die Zukunft wird zeigen, ob die neu geschaffenen Strukturen dann wettbewerbsfähig sind oder ob sie – besonders im Bereich der Halbleiterindustrie – unter Überkapazitäten leiden werden. Zu diesem
Zeitpunkt wird sich aber bereits entschieden haben, ob der alte Präsident der USA auch der neue ist.
Geldpolitik in der Türkei: kommt die Trendwende?
Es ist die Aufgabe der neuen Zentralbankchefin Hafize Gaye Erkan, eine 180-Grad-Wende in der Geldpolitik ohne Gesichtsverlust für den Präsidenten zu leisten. Ihre ersten Schritte im Amt waren daher geldpolitisch halbherzig, realpolitisch wohl am Maximum:
so sind die Leitzinsen von 8,5% auf 15% im Juni und im Juli auf 17,5% erhöht worden. Ausreichend ist dies in keiner Weise. Folgt man dem Rat der Taylor-Regel, eine geldpolitische Regel zur Setzung des Leitzinses, müssten die Zinsen auf über 58% erhöht werden. Ein solcher Schritt würde aber die die türkische Wirtschaft in eine noch größere Krise stürzen, so dass die Regel in diesem Fall nur als Fingerzeig für die Amplitude der benötigten Erhöhungen gesehen werden sollte. Kurzfristig ausgereicht hätte sicherlich eine Erhöhung über 20%, ein Wert, der über den Analystenerwartungen lag.
Dies hätte bereits positive Auswirkungen auf die Stärke der Währung gehabt und würde direkt an einem der Inflationstreiber ansetzen. Da Präsident Erdogan aber bereits drei Zentralbankchefs wegen ihrer zu konventionellen Geldpolitik verschlissen hat, verbleibt nur der Weg der kleinen Schritte. Hierzu gehört auch das Anwerben von erfahrenem Personal, so wie letzte Woche mit einem Federal Reserve Ökonomen aus New York. Eine nachhaltige Bekämpfung der Inflation selbst, wird nach Aussagen der türkischen Zentralbank erst in 2024 erfolgen.
Kommentar: Die türkische Zentralbank versucht, wieder an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Die bisher unternommenen Schritte sind allesamt positiv zu werten. Überzeugt werden muss der Markt aber noch, dass die Zentralbank wirklich unabhängig ohne Rücksicht auf politische Bedenken agieren kann. Die Politik in der Türkei wird lernen müssen, das Spiel so zu spielen, dass auf die Zentralbank zwar geschimpft wird, wie wir es in den westlichen Ländern auch regelmäßig erleben, aber ihre Unabhängigkeit nicht angetastet wird. Ich persönlich bin davon noch nicht überzeugt. Viel wichtiger: der Markt auch nicht.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1,0820 – 1,0850 negiert dieses Szenario.
Viel Erfolg und einen guten Start in den Tag
© Christian Buntrock
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