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Tiberius Rohstoff-Research: Marktkommentar Oktober 2008

12.11.2008  |  Redaktion
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Marktausblick und Positionierung

Energie

Die fundamentale Entwicklung bei den Energierohstoffen läuft der Marktentwicklung momentan hinterher. Der starke Preisrückgang bei Rohöl und Rohölprodukten lässt sich aus der Entwicklung der Lagerbestände und Angebots- und Nachfragedaten nicht unmittelbar ableiten, sondern ist vor allem einer Reduktion der Erwartungswerte der Ölnachfrage in den Jahren 2009ff geschuldet. Wir hatten zu Beginn des Jahres in unserem Jahresausblick darauf hingewiesen, dass es im Jahr 2008 einen sehr positiven und einen sehr negativen Faktor für den Ölmarkt gebe. Der positive Faktor ist das unter den Erwartungen verlaufende Ölangebot aus den Non-OPEC-Staaten. Dies wurde in der ersten Jahreshälfte exzessiv an den Märkten gespielt, während der negative Faktor, ein deutlicher Rückgang der Nachfrage nach Ölprodukten vor dem Hintergrund einer weltweiten Konjunktureintrübung, in dieser Zeit komplett ausgeblendet wurde.

Heute scheint es uns gerade umgekehrt. Die Preisentwicklung ist allein auf die schwache Endnachfrage fokussiert, während die für 2009 zu erwartende signifikante Angebotsverknappung kaum thematisiert wird. Die Erfahrungen aus dem Herbst 2006 zeigen, dass es mehrerer Angebotskürzungen der OPEC bedarf bevor eine Abwärtsspirale an den Ölmärkten gestoppt werden kann. Die zwei bereits beschlossenen und zum 1. November 2008 wirksamen Kürzungen von insgesamt 2 Mio. Barrel pro Tag reichen unserer Ansicht nach noch nicht aus, um die Effekte des Nachfrageeinbruchs ganz aufzufangen. Dennoch sollten die Marktüberschüsse geringer ausfallen als dies in den Öl-Terminkurven momentan diskontiert ist. Noch befinden sich die Lagerbestände in den USA auf durchschnittlichem Niveau. Ebenso wie im Frühjahr 2008 wird auch heute die Preissensitivität der Ölproduktnachfrage weitgehend ignoriert. Aus unserer Sicht macht es einen großen Unterschied, ob z.B. die Benzinnachfrage bei Retailpreisen von über 4 USD je Gallone oder unter 3 USD je Gallone prognostiziert werden muss. Die bereits erfolgten Preisrückgänge in den USA entsprechen Steuererleichterungen von mehr als 1,5 Billionen USD. Das ist weitaus mehr als jede US-Administration in den nächsten Jahren auf den Weg bringen könnte. Dementsprechend rechnen wir zwar mit einem Lageraufbau leicht über den saisonalen 5-Jahresschnitt. Dieser Lageranstieg wird gegenüber dem von uns im zweiten Quartal erwarteten Konjunkturaufschwung jedoch nur einen geringen Puffer bieten.


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In den letzten vier Jahren konnten wir einen fast perfekten Gleichlauf zwischen der Entwicklung der US-Öllagerbestände (v.a. in Cushing/Oklahoma) und der Entwicklung der Terminpreiskurve von Rohöl der Marke West Texas Intermediate (WTI) beobachten. Bei relativ zum saisonalen Schnitt hohen Lagerbeständen befanden sich die Terminkurven in Contango und Long Only Investoren mussten hohe Rollverluste in Kauf nehmen. Umgekehrt drehten die Terminkurven in Backwardation, wenn die Märkte in ein Marktdefizit und die Lagerbestände relativ zum saisonalen Schnitt nach unten tendierten. Diese starke Korrelation zwischen Lagerbeständen und Terminkurven ist aktuell gebrochen. Die Terminpreiskurven weisen besonders bei den kurz laufenden Kontrakten einen hohen Contango auf, während die tatsächliche Entwicklung der Lagerbestände dies nicht widerspiegelt. Dies lässt den Schluss zu, dass entweder ein großer Lagerbestandsaufbau in den offiziellen Zahlen des amerikanischen Energieministeriums (EIA) nicht erfasst ist oder, dass viele Marktteilnehmer stark steigende Lagerbestände erwarten und die Terminkurve dementsprechend preisen. Wir neigen zur zweiten Variante.

Möglich ist aber auch, dass die aktuelle Terminkurve durch den starken Verkaufsdruck bei den kurzlaufenden Kontrakten, in denen die passiven Indices investiert sein müssen, nach unten verzerrt ist. In diesem Fall müsste sich die Terminkurve bei einer allgemeinen Markterholung signifikant verflachen. Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Wochen die Rohölkurve vorerst in Contango bleiben wird und die Roll-Verluste in den vorderen Kontrakten dementsprechend sehr hoch sein werden. Wir positionieren uns vorerst in den längeren Laufzeiten. Auf dem Tiefpunkt der negativen Konjunkturnachrichten, den wir bereits im ersten Quartal 2009 erwarten, werden wir aber wieder in die kurzen Laufzeiten wechseln, da wir ebenso wie im ersten Halbjahr 2007 eine Straffung der Terminkurve erwarten. Auch damals gelang aufgrund der Verknappung des Ölangebots der OPEC eine Stabilisierung des Kassapreises über 50 USD je Barrel. Trotz der Bodenbildung des Ölpreises mussten passive Investoren aufgrund der hohen Roll-Verluste aber noch leicht negative Renditen hinnehmen. Bis zum Sommer 2007 hatte die Terminkurve bei deutlich anziehenden Kassapreisen aber wieder auf Backwardation gedreht. Wir rechnen im Frühjahr/Sommer 2009 mit einem ähnlichen Verlauf der Ölpreisentwicklung. In 2008 bleiben wir bei Rohöl und Rohölprodukten leicht untergewichtet. Vermutlich im neuen Jahr werden wir zunächst eine neutrale Position und langfristig eine Übergewichtung einnehmen.






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