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Italienisches Chaos, britische Vernunft und amerikanische Frechheiten

22.10.2018  |  Christian Buntrock
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1512 (08:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1498 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 112,67. In der Folge notiert EUR-JPY bei 129,71. EUR-CHF oszilliert bei 1,14761.

Die italienische Politik gab sich am Wochenende unbeeindruckt von der Marktentwicklung italienischer Staatsanleihen wie auch von den Aussagen der EU-Kommission. Diese fordert ein Einhalten des vereinbarten Haushaltsdefizits von 0,8% des BIP. So hat der stellvertretende italienische Ministerpräsident Luigi di Maio am Samstag gegenüber Fernsehsendern vor einem Kabinettstreffen in Rom bekräftigt, dass die Regierung keine Reduktion des geplanten Haushaltsdefizits plant.

Damit wird in dieser Woche der Disput zwischen italienischer Regierung und EU-Kommission weiter eskalieren. Der Streit wird von den Marktteilnehmern mit Argusaugen beobachtet. Laut einer Bloombergumfrage wird er sogar von mehr Akteuren als “sehr großes Risiko“ für die europäische Wirtschaft bezeichnet, als die globalen Handelsdispute. Wie war die bisherige Marktreaktion?

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Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung.


Die Renditen der 10-jährigen italienischen Staatsanleihen sind von ca. 2,9% auf

3,5% angestiegen. Die resultierenden Wertverluste setzen die italienischen Banken, die einen guten Teil dieser Anleihen halten, entsprechend unter Druck. Unterdessen ist die Ratingagentur Moody‘s umsichtig mit Italien umgegangen und hat das Rating der Italiener nur von Baa2 auf Baa3 mit stabilem Ausblick gesenkt. Das Italien damit noch einmal um das Junkrating herumgekommen ist, wird von den Märkten zum Wochenstart wohl positiv aufgenommen werden, aber zeigt auch mal wieder, dass man das Denken gerne anderen überlässt.

Zwiespältig fallen die Analysen zur Machtfrage mit der EU-Kommission aus. Nachdem schon mit dem UK ein Land die EU verlässt, kann sich die Gemeinschaft keinen zweiten gewichtigen Weggang leisten, sagen die einen. Die anderen sehen gerade die Auswirkungen des Brexits als warnendes Beispiel für die Italiener, eine Austrittsdrohung von ihnen sei völlig unglaubwürdig. Der Unterschied zwischen dem UK und Italien ist die wirtschaftliche Potenz. Vor der Wahlentscheidung in 2016 zur wirtschaftspolitischen Irrfahrt der Briten wuchs ihre Wirtschaft in den beiden Vorjahren um 3,1% bzw. 2,2%.

Mit diesen Werten lag UK u.a. vor Deutschland, England, Frankreich, Italien, Japan und den USA. Italien kam in diesem Vergleich auf den letzten Platz mit 0,1% und 0,8%. Das Land konnte in 2016 und 2017 durch die erfolgreichen Reformen zwar um 1,1% und 1,6% wachsen, es befindet sich aber noch lange nicht in einer Position der Stärke wie das UK. Durch den Brexit ist das Wachstum auf ca. 1,3% in 2018 zurück gegangen. Wo will Italien am Ende stehen, falls es doch die Italexit-Drohung hervorholen sollte? Anders formuliert: mit dem Blatt kann man nicht bluffen!

Bluffen konnte auch Premierministerin May gegenüber der EU-Kommission nicht und musste sich daher für das All-in in London entscheiden. Lauf Bloomberg soll May bereit sein, auf eigene Schlüsselforderungen hinsichtlich der irischen Grenze zu verzichten. So will sie angeblich akzeptieren, dass die Verträge hinsichtlich der irischen Grenze keine Zeitbegrenzung aufweisen. Dies ist eine der Kernforderung der EU. Damit eröffnet sich aber die Möglichkeit, dass das UK unbegrenzt in der EU-Zollunion verbleibt und auf eine eigene Handelspolitik verzichten muss.

Das Abrücken von ihrer Position wird ihr in der Heimat verübelt werden. Es ist nicht ausgemacht, dass sie diese Regelung bei ihren Parteifreunden durchsetzen kann. Entweder wird sie die Machtprobe gewinnen oder aber nicht die Verantwortung für einen "no-Deal"-Brexit tragen müssen.

Im amerikanisch-chinesischen Handelsstreit setzt die US-Seite weiter auf Eskalation. US-Finanzminister Mnuchin steht einer Regeländerung zur Bestimmung von Währungsmanipulatoren offen gegenüber. Dies würde US-Präsident Trump die Möglichkeit eröffnen, China als solchen zu bezeichnen und entsprechende Strafmaßnahmen einzuleiten.

Munchin sieht dabei zwei mögliche Vorgehensweisen: entweder der Rückgriff auf ein schwammiges Gesetz aus 1988 mit einer so breiten Definition des Themas Währungsmanipulation, dass China oder vielleicht in ein paar Monaten Europa darunterfallen würde, oder einfach eine Änderung der Kriterien, so dass China eben manipuliert. So machen sich die USA die Welt, wie sie Ihnen gefällt. Dass die USA es auf eine Verschärfung des Handelskonfliktes abstellen, überrascht nicht. Dass sie bereit sind, heute eine Regelung zu beschließen, die ein vorher begangenes "Vergehen" ahnden soll, ist ein weiterer Tiefpunkt der jüngsten Politik.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreitend er Unterstützung bei 1.1290 - 1.1320 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Christian Buntrock
Solvecon Invest GmbH



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