Kleine Schritte im Handelsstreit - keine in London
29.03.2019 | Christian Buntrock
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Der Fortschritt kommt manchmal in kleinen Schritten. In den chinesisch- amerikanischen Handelsgesprächen gehen laut Insidern die Verhandlungsseiten jede Vertragszeile auf Englisch und Chinesisch einzeln durch, um Übersetzungs- und Verständnisfehler auszuräumen. Über das unterschiedliche Verständnis von Sinn und Wörtern wundert sich insbesondere die amerikanische Seite, wo doch Chinas stellvertretender Handelsminister seine Karriere als Übersetzer begonnen habe.
Deutlich spürt man in der Berichterstattung den Kulturunterschied zwischen den Verhandlungspartnern: der eine baut Interpretationsspielräume in den Vertrag ein, der andere ist äußerst präzise in den Schriftsätzen und ignoriert diese später, sollten sie von Nachteil sein.
Trotz hektischen Treibens in London herrscht weiter Stillstand. Das Parlament weiß, was es nicht will. May weiß was sie will, aber findet keine Mehrheit. Für die heutige dritte Abstimmung im Parlament haben die für einen Abstimmungssieg notwendigen Vertreter der DUP ihr bereits die Gefolgschaft verweigert.
Seitens der Brexiteers wird sie hingegen Stimmen gewinnen. Wenn diese keinen Hard-Brexit erzwingen können, müssen sie mit Mays Vertrag vorliebnehmen. Oppositionsführer Jeremy Corbyn greift unterdessen May wegen ihres Vorgehens an, nur über den Austrittsvertrag, aber nicht über die politische Erklärung abstimmen zu lassen, um ihr alte Vorlage wieder im Parlament einbringen zu können.
Es deutet sich damit eine weitere Niederlage Mays an, worauf ein "Hard-Brexit" oder eine weitere - diesmal lange - Verschiebung des Brexits stehen könnte.
Die Möglichkeit des "Hard-Brexits" wird am Kapitalmarkt mittlerweile ernst genommen. Die Nachfrage nach Put-Optionen auf das Pfund, die im Falle eines „Hard-Brexit“ im Geld sein sollten, steigt an. Am wahrscheinlichsten jedoch ist eine weitere Verschiebung des Brexits, sei es wegen einer Neuwahl oder eines neuen Referendums. Diese Verschiebung könnte sehr gut nach einem Rücktritt Mays erfolgen, der nach einer weiteren Niederlage unvermeidlich erscheint.
Die aus den USA kommenden Wirtschaftsdaten passen unterdessen in das aktuelle Bild: Abschwung ja, Rezession nein. Das Bruttoinlandsprodukt war im Quartalsvergleich im 4. Quartal mit 2,2% nach zuvor 3,4% rückläufig. Zuvor war von einem Wert von 2,6% für das vierte Quartal ausgegangen worden. Als Warnschuss ist die Abwärtsrevision der Konsumausgaben aufzunehmen, die auch zu den rückläufigen Daten des US-Conference Boards (wir berichteten) und dem Bloomberg Verbrauchervertrauen passen.
Dieses fiel von 61,5 Punkten auf 60,0 Punkte, wobei alle drei Hauptkomponenten südwärts zeigen. Es herrscht immer noch Optimismus bei den Konsumenten, aber ein Rückgang ist in allen Indikatoren spürbar. Ich erwarte für das Sentiment der University of Michigan heute eher ein leichtes Verfehlen der Prognosen, denn eine positive Überraschung.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Währungsrelation EUR/USD favorisiert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1,1100 - 1,1520 eröffnet neue Opportunitäten.
Viel Erfolg!
© Christian Buntrock
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