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Nord Stream 2 - Bank of England - US-Fiskalpolitik

18.09.2020  |  Christian Buntrock
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1848 (06:26 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1830 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 105,27. In der Folge notiert EUR-JPY bei 124,73. EUR-CHF oszilliert bei 1,0757.

Lassen Sie sich heute zu einem kurzen Ausflug in die neuere Geschichte Deutschlands entführen. Zurückreisen möchte ich zum 01.10.1990. An diesem Tag erhielt Deutschland seine volle Souveränität im Rahmen des "Zwei-plus Vier" Prozesses zurück. Die Siegermächte verzichteten fortan auf ihre alliierten Vorbehaltsrechte, und Deutschland war wieder ein gänzlich unabhängiger Staat. Insbesondere die USA hatten sich für diesen Prozess eingesetzt und auch die dem Prozess skeptisch gegenüberstehenden Briten und Franzosen überzeugt.

Vor diesem Hintergrund nehmen wir erstaunt Schriftsätze aus dem Finanzministerium zur Kenntnis. Dieses hat laut der "Zeit" ein Angebot an die USA ausgearbeitet, in dem eine Milliarde Euro zur Finanzierung von zwei Spezialhäfen zum Import von US-Flüssiggas angeboten werden. Wörtlich soll es darin weiter heißen: "im Gegenzug werden die USA die ungehinderte Fertigstellung und den Betrieb von Nord Stream 2 erlauben".

Welches Signal setzen wir gegenüber den USA und anderen Ländern, wenn Deutschland bereit ist, den USA de facto bis zu eine Milliarde Euro zu zahlen, um Sanktionen zu umgehen? Der geneigte Betrachter könnte zu dem Schluss kommen, dass sich das deutsche Finanzministerium selber zum tributpflichten Vasallen erklärt, wenn selbst sprachlich dargestellt wird, dass man eine Erlaubnis aus Washington kaufen muss.

Was hält bei einem derartigen Verhalten die USA davon ab, mit neuen Zöllen gegen die deutsche Automobilindustrie vorzugehen, falls Berlin nicht das neue Teslawerk mit einer Milliarde Euro unterstützt?

Warum sollten dritte Länder die deutsche Standfestigkeit nicht mit ähnlichem Vorgehen testen? Immerhin können Freunde von langfristigem Kurzarbeitergeld und Hamburger Privatbanken die hohe Zahlungsbereitschaft unseres Finanzministers und SPD-Kanzlerkandidaten bestätigen.

Dem neu gestecktem Ziel 55% der Treibhausgase in der EU einzusparen, steht die Förderung und der Kauf von LNG aus den USA diametral entgegen. So bescheinigen die DEKRA Assurance Services, das Frauenhofer-Institut und das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie, dass "der Import von Erdgas nach Europa durch die Nord Stream 2 Pipeline aus Russland geringere potenzielle Klimafolgen hat als der LNG-Import per Schiff aus den USA, Katar, Australien oder Algerien."
Aus der zugehörigen Studie zeigen sich die Ergebnisse wie folgt:

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Quelle: thinkstep (2017), Treibhaus-Profile für Erdgas-Transporte, S.80.


Besonders klimaschädlich ist das in den Lieferungen enthaltene Methan. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft wirkt es ca. 25 mal klimaschädlicher als Kohlenstoffdioxid. Das Verhältnis von Methan aus US-LNG zu dem aus Nord Stream 2 beträgt 7:1. Mit Verwunderung nehmen wir zu Kenntnis, dass das Thema Umweltpolitik in der öffentlichen Debatte um Nord Stream 2 keine Rolle spielt.

Nord Stream 2 steht wegen des versuchten Mordanschlags auf den russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny in der Kritik. Wir stellen dabei nicht in Frage, dass politisch auf einen Mordanschlag nach entsprechender Beweisführung konsequent reagiert werden muss.

Ein Infrastrukturprojekt über 10 Mrd. Euro in Frage zu stellen und hohe Folgekosten für Wirtschaft und Umwelt in Kauf zu nehmen, ist die falsche Strategie.

Welche Sanktionen haben die USA die EU und Deutschland im Mordfall des Journalisten Jamal Kashoggi getroffen? Die USA haben de facto ihren Verbündeten unterstützt und die EU bezieht weiter ca. 7% ihres Ölbedarfs aus Saudi-Arabien. Die Bundesregierung war konsequent und stoppte den Export von Militärgütern in Höhe von ca. 50 Millionen Euro pro Jahr (Exporthöhe aus 2017).

Die Forderung Nord Stream 2 zu stoppen, scheint mehr der ohnehin eigenen politischen Agenda von Akteuren aus der Politik zu entsprechen, als dass diese Forderung eine angemessene Reaktion auf die Geschehnisse ist.


Bank of England belässt Leitzinsen konstant

Die Bank of England beschloss gestern, die Leitzinsen wie erwartet bei 0,1% zu belassen. Überraschend war für die Märkte, wie schnell sie das Thema negativer Zinsen wieder aufnahm. Schon in auf den letzten Sitzungen waren Negativzinsen nicht kategorisch ausgeschlossen worden, aber es gab noch keine Bereitschaft eine technische Umsetzung zu ermöglichen. Genau diese wurde gestern beschlossen.

Wird es damit negative Zinsen in Großbritannien geben oder ist es eine Vorbereitung für das "Worst-Case" Szenario? Aus unserer Sicht könnten nur im "Best-Case" Negativzinsen noch verhindert werden. Voraussetzung wären eine Einigung mit der EU, ein die Wirtschaft stützendes Abkommen mit einer selbstlosen, zumindest aber nicht opportunistisch handelnden US-Regierung und das Weitergehen der wirtschaftlichen Erholung. Am Optionsmarkt wird eine Parität des Pfund zum Euro innerhalb der nächsten sechs Monate auf eine Wahrscheinlichkeit von 25% taxiert. Deutlich zeigt der Markt damit die mögliche Entwicklung an.


Republikaner uneins über Stimuluspaket

In den USA diskutiert die Regierungspartei über die Höhe des benötigten Stimuluspaketes aufgrund der Covid-19 Pandemie. US-Präsident Trump fordert eine Höhe von 1,5 Billionen, nachdem die zuerst veranschlagten 650 Mrd. USD auf 1,1 Billionen USD erhöht worden sind. Die oppositionellen Demokraten wollen die Staatsausgaben sogar um 2 Billionen USD erhöhen. Das schnelle Zugehen auf die Forderungen der Demokraten und das Erhöhen der Summe über das benötigte Maß hinaus, stößt dabei Teilen der Republikaner böse auf.

Diesen scheint der Kampf um die Sache wichtiger zu sein als der im Weißen Haus vorherrschende Populismus. Respekt für die Republikaner, die die Fiskalpolitik trotz Wahlkampf beschränken wollen, weil sie es für richtig halten.

Im Gegensatz zu diesen hat der FED-Präsident Powell längst das Handtuch geworfen. Die Ansage, dass es zumindest in den nächsten drei Jahren keine Zinserhöhungen geben wird, ist eine Kapitulationserklärung der FED. Ja, das niedrige Zinsniveau wird faktisch notwendig sein. Die Garantie dazu ist es nicht. Unsicherheit schützt vor Blasen und den Splittern, wenn sie platzen.

Laut Powell sei die Lösung der Probleme in der Fiskalpolitik zu suchen. Damit stößt er in das gleiche Horn wie EZB-Präsidentin Lagarde. Für beide Wirtschaftsblöcke kann die Fiskalpolitik nur erfolgreich sein, wenn sie einhergeht mit Strukturpolitik. Mario Draghi wurde nie müde, genau das zu fordern. Powell und Lagarde tun es nicht. Manchmal ist das Entscheidende, was nicht gesagt wird.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.1620 - 50 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Bleiben Sie gesund, viel Erfolg!


© Christian Buntrock
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