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Weltbank sieht Krisenfortsetzung über 2023 hinaus - Türkei tritt SOZ bei

20.09.2022  |  Christian Buntrock
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0029 (06:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 0,9966 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 143,19. In der Folge notiert EUR-JPY bei 143,6. EUR-CHF oszilliert bei 0,96731.

An den Aktienmärkten hat sich die grundsätzliche Lage nicht geändert: nach den Kursrückgängen in der letzten Woche kam über alle Märkte hinweg etwas Kauffreude auf, gleichwohl sind die Abwärtstrends weiter intakt. An den Rentenmärkten gilt das gleiche, der seit August bestehende Trend zu steigenden Zinsen hält an, die zehnjährigen Bundesanleihen notieren aktuell bei 1,80%.


Die Wirtschaftsflaute könnte über 2023 anhalten

Diese Auffassung vertritt der Präsident der Weltbank David Malpass. Er mahnte in einem Interview mit Bloomberg an, dass die Inflation nicht nur über die klassische Geldpolitik bekämpft werden sollte, sondern auch über eine angebotsorientierte Politik seitens der Zentralbanken und Regierungen. Sobald mehr Güter zur Verfügung stünden, sei es eine Frage der Zeit, bis die Preise sänken. Diese Entwicklung werde dann auch von den Kapitalmärkten vorweggenommen, so dass Zweitrundeneffekte ausblieben. Eine zusätzliche Zurückhaltung der Regierungen im Konsum würde helfen, die private Nachfrage (sogenannter Crowding Out) nicht zu verdrängen und Preise niedrig zu halten.

Malpass spricht wichtige Punkte an. In der gesellschaftlichen Debatte zur Bekämpfung der Inflation werden die Bedingungen zur Erhöhung der Produktion meist vergessen. Fokussiert wird auf die Verteilung des Bestandes zu "fairen" Preisen, statt auf die Schaffung von zusätzlichem Angebot, dass letztlich preissenkend wirkt.


Die Türkei wendet sich gen Osten

Das NATO-Mitglied Türkei will Mitglied in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) werden. Die SOZ wurde 2001 gegründet, ihr gehören China, Indien, Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Russland, Tadschikistan und Usbekistan an. Bereits seit 2012 hat die Türkei einen Status als Dialogpartner.

Durch eine mögliche Mitgliedschaft versucht Präsident Erdogan das Land weiter gen Asien zu entwickeln. Eine erfolgreiche Bewerbung würde die Türkei zum ersten NATO-Mitglied machen, das dem Block beitritt.

Aus türkischen Regierungskreisen wird der mögliche Beitritt nicht als Suche nach Alternativen zum Westen, als sondern "zum Aufbau ausgewogener Beziehungen mit der ganzen Welt" beschrieben.

Die Türkei weiß ihre geostrategische Bedeutung einzusetzen und baut für den Fall von US-Sanktionen vor. Diese drohten ihr bisher regelmäßig, z.B. aus Protektionismus gegen die türkische Stahlindustrie in 2018 oder auch aufgrund vom Waffenkäufen in Russland in 2019. Mit der Hinwendung zur SOZ, die eine Politik der Nichteinmischung vertritt, wird eine mögliche Drohung der Türkei, sich vom Westen abzuwenden, glaubwürdiger. Die Mitgliedschaft bietet wirtschaftlich gesehen etwas Rückendeckung für die schwelenden Konflikte mit Griechenland und der EU. Ihre ökonomischen Probleme wird sie jedoch nicht über ein Mehr an Außenhandel lösen können. Diese liegen in der Geld- und Wirtschaftspolitik der Regierung.


Brüssel schafft neue Notfallinstrumente für den Binnenmarkt (SMEI)

Die EU-Kommission will ihren Handlungsspielraum in Krisen durch ein Single Market Emergency Instrument (SMEI) erweitern. Hierzu schafft sie sich weitgehende Eingriffsrechte gegenüber Mitgliedsstaaten und Unternehmen, sobald ein Notfall ausgerufen wurde. Mögliche Eingriffsrechte gelten gegenüber Mitgliedländern und Unternehmen, z.B. kann die EU- Kommission Grundsätze festlegen, die von den Mitgliedstaaten einzuhalten sind:
  • Erleichterung und Wiederherstellung der Freizügigkeit nach Krisen

  • Ländern kann untersagt werden spezifische Beschränkungen des freien Verkehrs für krisenrelevante Waren und Dienstleistungen zu erlassen

  • Beschaffung krisenrelevanter Waren durch die Kommission für Mitgliedsstaaten

  • Empfehlung strategische Reserven zu verteilen

Gegenüber Unternehmen kann die EU-Kommission im Notfall verbindliche Vorgaben tätigen und in die Lieferketten eingreifen.

Die Einführung von Notfallinstrumenten durch die EU ist für sich genommen korrekt. Im Fall von Krisen und Katastrophen ist eine enge Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinschaft notwendig und wünschenswert. Hierfür wird im Voraus eine Struktur benötigt, die bei Bedarf aktiviert werden kann. Im Krisenfall ist das Schaffen der Struktur zu spät. Durch das Aussprechen von Empfehlungen greift die EU auch nicht zu sehr in die Selbstständigkeit der Mitgliedsstaaten ein, aber schafft ihnen zugleich Handlungsspielräume, die sie ohne die Empfehlung nicht hätten.

Die Gefahr, die die Notfallinstrumente in sich bergen, liegt in der Möglichkeit innerhalb eines selbst definierten Notfalls planwirtschaftlich in die Märkte einzugreifen, um Partikularinteressen und ideologische Ziele durchzusetzen. Es sei an dieser Stelle an das Aufweichen der Maastricht- Kriterien und die europäische Weichwährungspolitik erinnert, deren Schaden wir aktuell tragen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0300 - 1.0330 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg und einen guten Start in den Tag


© Christian Buntrock
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