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Aktienmärkte etwas schwächer - EU-Schuldenregeln - US-Auftragseingänge – Thyssenkrupp

27.04.2023  |  Christian Buntrock
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1046 (06:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0972 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 133,71. In der Folge notiert EUR-JPY bei 147,68. EUR-CHF oszilliert bei 0,98416.


Aktienmärkte etwas schwächer, aber noch im Aufwärtstrend

Die Aktienmärkte tendierten am Mittwoch etwas schwächer, nachdem viele Indizes an ihre Widerstandszonen gelaufen sind. Es sollte sich in den nächsten Tagen entscheiden, ob ein weiterer Anlauf an diese Zonen unternommen wird oder der Anstieg zumindest konsolidiert wird. Profitiert haben die US-Märkte von der Kursreaktion auf die positiven Berichte von Microsoft und Google, die beide mit ihren Quartalszahlen die Erwartungen der Marktteilnehmer schlagen konnten. Das Sorgenkind bleibt wie zuvor der Bankensektor, der auch gestern weiter unter Druck stand.

Auf der Währungsseite unternahm der Euro den nächste Anlauf Richtung 1.1100 EUR / USD. Nach einem Hoch bei 1.1090 wurde er zwar wieder in den Bereich bei 1.1030 gegeben. Insgesamt scheint der Euro aber weiter Momentum gegenüber dem Greenback zu haben.

Gold konnte nur zwischenzeitlich die 2.000 Dollarmarke durchbrechen, wurde aber dann wieder abverkauft. Sollte die Probleme bei den US Banken sich wieder verstärken, sind neue Allzeithoch aus meiner Sicht wahrscheinlich. Ebenso sollte in diesem Fall auch Bitcoin von der Lage profitieren.


Die EU-Kommission plant neue Schuldenregeln für die Mitgliedstaaten

Aufgrund der Corona-Krise wurde die Schuldenregeln in der EU ausgesetzt. Ab dem nächsten Jahr sollten sie wieder greifen und die EU-Länder zu wirtschaftlichem Haushalten zwingen. In der Folge haben sich viele Länder dafür eingesetzt, die Regeln aufzuweichen. Mit den Reformplänen der EU-Kommission würde diesem Wunsch jetzt entsprochen.

Nach derzeitigem Recht müssen Staaten im Jahr fünf Prozent der Schulden tilgen, die über der 60-Prozent-Marke liegen. Dieses Recht gilt für alle Länder gleich. Der Grundsatz "gleiches Recht für alle" soll in Zukunft durch individuelle Ziele für jedes Land ersetzt werden.

Die EU-Staaten mit zu hohen Haushaltsdefiziten sollen künftig eine Verbesserung der Finanzlage über einen Zeitraum von vier Jahren herbeiführen. Ausnahmen über sieben Jahre sind zusätzlich eingeplant. Flankierend sollen Schritte unternommen werden, damit es nicht zu höheren Schuldenständen kommt. Auf eine konkrete Messbarkeit der Maßnahmen soll verzichtet werden, konkrete Zahlen sind nicht angedacht.

Verehrte Leser, sind sie auch im ersten Moment sprachlos? Wenn das Feigenblatt der Stabilität so klein geschneidert wird wie in diesem Fall geplant, kann direkt die Zeit der finanzökonomischen Nudisten ausgerufen werden. Anreizsysteme zum wirtschaftlichen Haushalten werden so ad absurdem geführt. Ziele, die nicht messbar sind, werden immer von den Herrschenden als "erfüllt" definiert. Unternehmen ohne Controlling-System gehen bankrott. Staaten auch. Die Politik stößt die Tür zur "gefühlten Wahrheit" weit auf, um später ihre Maßnahmen als erfolgreich darzustellen.

Was für ein Anreizsystem implementiert die EU-Kommission, gewollt oder ungewollt? Es wird aus Sicht insbesondere kleiner EU-Länder Sinn machen, die staatlichen Budgets stärker als die anderen Mitgliedsstaaten auszuweiten. Zur Klarstellung: ich unterstelle der Politik in den Ländern keine Boshaftigkeit! Im politischen Wettbewerb wird aber so viel dem Wähler versprochen werden, wie kurzfristig ausgebbar erscheint. Wer nicht mitspielt, verliert die Wahl. Zu Recht kann später darauf spekuliert werden, dass die Schulden später von Dritten, wie der EZB oder den nordischen Ländern, übernommen werden.

Das Erhöhen von Staatsausgaben über die eigene finanzielle Leistungsfähigkeit hinaus ist historisch immer mit dem Versprechen einer Erhöhung der Wohlfahrt für die Gesamtheit verkauft worden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drückt es wie folgt aus: "Wir brauchen finanzpolitische Regeln, die den Herausforderungen dieses Jahrzehnts gerecht werden."

Die nächste Herausforderung für Frau von der Leyen ist die Europawahl 2024. Auf dem Weg zur Kommissionspräsidentin ist sie auf das Wohlwollen der gesamten EVP angewiesen.



Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter sinken stärker als prognostiziert

Die Aufträge an US-Fabriken für Unternehmensausrüstungen gingen im März stärker als erwartet zurück als erwartet. Der Wert der Bestellungen von Investitionsgütern, unter Ausschluss von Investitionen in Flugzeuge und Militärgüter, ging im März um 0,4% zurück. Erwartet worden war ein Rückgang von 0,1%. Vorwert für Februar musste von -0,1% auf -0,7% nach unten angepasst werden. Die Daten werden nicht um die Inflation bereinigt. Die Bestellungen inklusiv Flugzeuge und Militärgüter fielen aufgrund eines Großauftrages für Boeing mit einem Plus von 3,2% positiv aus. Boeing konnte im März 60 Aufträge für Flugzeuge verbuchen.

Die Zahlen fügen sich nahtlos in das Bild einer anstehenden Rezession in den USA ein. Die Eintrübung auf der Konsumseite und höhere Kapitalkosten hinterlassen Spuren bei den Auftragseingängen.


Chefwechsel bei Thyssen Krupp – kommt jetzt ein Übernahmeangebot?

Die Thyssen Krupp Aktien fielen am Montag in der Spitze um 16%, nachdem bekannt wurde, dass die Vorstandsvorsitzende Martina Merz von ihrem Amt zurücktreten will und den Aufsichtsrat um Gespräche zur einvernehmlichen Beendigung ihres Mandats gebeten hat.

Nachfolger wird voraussichtlich der Spanier Miguel Ángel López Borrego, derzeit Interimschef des Autozulieferers Norma Group. Eine Gegenbewegung der Aktie am Dienstag bleib aus. Am Mittwoch kamen Gerüchte auf, dass die Emirates Steel Arkan aus Abu Dhabi einen Einstieg in die Stahlsparte der Thyssen-Krupps erwägt. Die Aktie legte daraufhin um 5,41% im Xetra-Handel zu.

Was ist also los bei dem geschichtsträchtigen Stahlkonzern?

In der jüngsten Zeit nahm die Kritik an der Vorstandsvorsitzenden deutlich zu. Die Kritik fokussierte sich

1. auf die Umbaugeschwindigkeit des Konzerns,
2. auf die Strategie der Group of Companies, die den einzelnen Unternehmenssparten hohe Freiheitsgrade lässt,
3. die geplante Abspaltung der Stahlsparte.

Der erste Kritikpunkt wird meist zusammen mit dem Mangel an einer einheitlichen Strategie angeführt. Die Modernisierung des Konzerns werde so verschlafen. Ein Beispiel ist der zum Konzern gehörende Elektrolysehersteller Nucera. Dessen Produkte werden auf Grund der Energiewende weltweit nachgefragt. Gleichwohl hat der Konzern einen angestrebten Börsengang bisher nicht zu Stande gebracht.

Für den Schiffsbau gilt das Gleiche. Mit dem Sinneswandel Europas gegenüber dem Bedarf an Militärgütern ist das Potentialwachstum der Marinesparte hoch. Ein Verkauf zur Liquiditätsbeschaffung oder eine klare Aussage zum Verbleib im Konzern blieb bisher aus. Eine Strategie der "Group of Companies" hört sich zwar gut an, Merz hat es aber nicht geschafft, die Zentrale in eine reine Finanzholding umzuwandeln. Natürlich traf sie an dieser Stelle auf den erbitterten Widerstand der Arbeitnehmer, die sich im Rahmen der Montanunion ihre weitgehenden Mitbestimmungsrechte sichern wollen.

Bisher kreiste die Strategie darum, Perlen des Konzerns zu veräußern, um die defizitäre Stahlproduktion am Leben zu erhalten. Ob das Projekt, grünen Stahl mitten in Deutschland zu produzieren, Erfolg haben wird oder nicht, ist weiter offen. Andere Produzenten prüfen die Produktion im Nahen Osten. In Saudi-Arabien wird Solarstrom für 1,04 US-Cent je kWh produziert. Wie steht es gegen diese Kostenbasis mit der Wettbewerbsfähigkeit? Vielleicht könnte ein Einstieg aus Abu Dhabi hier Lösungsansätze aufzeigen. Zum bisherigen Zeitpunkt liegen aber noch keine Informationen über die genauen Absichten Emirates Steel Arkan vor.

Schenkt man den Analysten Glauben, wäre Thyssen Krupp aktuell trotz der vorhandenen Probleme ein klarer Kauf. Die Spannweite der Zielkurse liegt zwischen 6,00 EUR (Barclays, Votum underweight) und 16,00 EUR (Baader Helvea, Votum Kauf). Der Xetra-Schlusskurs gestern Abend betrug 6,50 EUR. Nach den in Bloomberg verfügbaren Prognosen sollte der Free Cash Flow in diesem Jahr positiv werden, was sicherlich den Handlungsdruck mildern würde.

Schafft es der neue Vorstand gegen die divergente Interessenlage im Konzern eine einheitliche Strategie durchzusetzen, könnte die Aktie in der Tat durchstarten. Das Potential ist fraglos vorhanden. Mit einem neuen Partner an der Seite umso mehr. Im Alternativszenario wird der Konzern – leider – für Investoren auf der Short-Seite interessant.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0700 – 1.0730 negiert dieses Szenario.

Viel Erfolg und einen guten Start in den Tag


© Christian Buntrock
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