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Kapitalmärkte – US-Datenlage – schwedischer Immobilienmarkt – Blick auf die Türkei

02.06.2023  |  Christian Buntrock
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0768 (06:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0662 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 138,75. In der Folge notiert EUR-JPY bei 149,39. EUR-CHF oszilliert bei 0,97387.


Die Lage an den Kapitalmärkten

Nach der deutlichen Kommunikation seitens der Fed Gouverneure und guten US-Daten sprangen die Aktienmärkte wieder an. Gesucht waren insbesondere Technologietitel, der TecDax und die Nasdaq konnten deutlich hinzugewinnen.

Die Zinsen gaben in Europa aufgrund der zuletzt positiven Inflationsdaten weiter nach. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen fiel auf 2,25 %. Der Euro gewann gegen den US-Dollar hinzu, was in Zusammenspiel mit den Zinsen Gold beflügelte. Dieses stieg in der Spitze über 1.980 USD je Unze. Die Ausgangslage für den heutigen Handelstag ist konstruktiv, nachdem bereits die asiatischen Börsen Kursgewinne verzeichneten.


US-Datenlage größtenteils positiv

Die gestern veröffentlichten Daten aus den USA fielen insgesamt positiv aus. Insbesondere die Arbeitsmarktdaten lassen keine Abschwächung erkennen. Das ADP Forschungsinstitut geht von einem Stellenaufbau von 278.000 neuen Stellen aus. Im Mittel erwarteten die Analysten nur einen Aufbau von 170.000 Stellen. Die Lohnstückkosten fielen unterdessen von 6,3% auf 4,2%, was die Inflationssorgen eindämmt. Etwas schlechter als erwartet waren die Daten aus dem verarbeitenden Gewerbe. Sowohl der S&P Global Manufacturing Index als auch der ISM Manufacturing Index fielen um 0,1 Punkte schwächer aus als erwartet.

Positive Stimmen hörten wir gestern aus der Finanzindustrie. Mastercard sieht einen bemerkenswert resilienten US-Verbraucher, Wells Fargo lobt die Kreditqualität bei den Kreditkartenumsätzen. Negativ sind jedoch die Umsätze des Einzelhandels einzuwerten, wo Druck auf den Verbraucher spürbar wird. Selbst Luxusmarken wie Burberry sprechen von einer Kaufzurückhaltung der jungen US-Verbraucher.

Die Lage im Freizeit- und Reisesektor ist hingegen weiter stabil, der Wohnungsmarkt zog zuletzt trotz der Zinserhöhungen wieder an.

Das Schwerpunkt der Konsumausgaben der scheint sich auf den Dienstleistungssektor zu fokussieren, während beim Einzelhandel der Gürtel enger geschnallt wird. Trotzdem ist das Gesamtbild der konjunkturellen Lage in den USA positiv. Sollte sich die Datenlage so bestätigen, könnte eine weiche Landung der US-Wirtschaft Realität werden. Zwar verbleiben die an dieser Stelle regelmäßig benannten Strukturprobleme, diese beeinflussen aber bisher nicht die Marktentwicklung.


Der schwedische Immobilienmarkt: wo Rauch ist, ist auch Feuer

In den letzten Tagen hat sich die Lage auf dem schwedischen Immobilienmarkt deutlich verschärft. Diese Woche verkündete die Holdinggesellschaft IB Invest ihre Zinszahlungen für Hybridanleihen "auf unbestimmte Zeit" auszusetzen. Gemäß den Anleihebedingungen hat die IB Invest dazu das Recht.

Cash Flow Probleme der Gesellschaft deuteten sich bereits durch die Aussetzung der Dividendenzahlung der SBB an, an der die IB Invest 18,4% der Anteile hält und der einer der größten Immobilienkonzerne Schwedens ist.

Die Probleme beider Gesellschaften sind hausgemacht: durch die Finanzierung der Immobilien über variabel verzinste Kredite ist eine Schieflage entstanden: das gestiegene Zinsniveau führte zu höheren Refinanzierungskosten, während die Werte der Immobilien hierdurch sinken. Die nachfolgende Grafik zeigt die Finanzierungsstruktur der SBB:

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Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung.


Die Verteilung der Refinanzierung auf aufeinander folgende Jahre ist zwar gut gewählt, die Finanzierung ist aber insgesamt zu kurzfristig angelegt. Nicht ohne Grund zeigt beträgt die Ausfallwahrscheinlichkeit der SBB gemäß dem Bloomberg Risk Modell auf ein Jahr 27%. Es ist fraglich ob die IB Invest, einen Ausfall verkraften könnte. Die Gefahr von Dominoeffekten liegt auf der Hand.

Kommentar: es wird sich zeigen, ob die Gesellschaften überhaupt in der Lage sind, ihr Geschäft zu refinanzieren, da der Wert der Sicherheiten bei steigenden Zinsen wie der Schnee in der Sonne schmilzt. Professionelle Investoren werden sich hingegen bereits jetzt auf die Notverkäufe der schwedischen Gesellschaften freuen, wenn die Banken und der Kapitalmarkt eine Prolongation der Kredite verweigern.

Der Chef der schwedischen Finanzaufsicht sieht unterdessen keine Finanzkrise aufziehen. Die Worte sind mit Vorsicht zu genießen, da er nichts anderes sagen kann, will er die Lage nicht weiter anheizen.


Türkei: schafft Erdogan die Trendwende?

Nach seinem Wahlsieg hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan versprochen, ein Team mit "internationaler Glaubwürdigkeit" aufzustellen, um die Finanzen des Landes zu verwalten. Bekannt wurde bereits, dass er Mehmet Simsek, einen ehemaligen Finanzminister mit hoher Reputation an den Kaptalmärkten, wieder in das Amt holen möchte.

Simsek stünde eine Herkulesaufgabe bevor. Der Devisenmarkt schaut skeptisch auf die Lage in der Türkei, die Entwicklung der Lira gegen den Euro in den letzten Jahren spricht Bände.

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Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung.


Auch die Inflation befindet sich weiterhin auf viel zu hohem Niveau. Der Rückgang in den letzten Monaten lag – neben angeblicher kreativer Buchführung - an staatlichen Maßnahmen zur Wahl, wie kostenloses Gas für die Verbraucher.

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Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung.


Kommentar: Entscheidend wird sein, ob Erdogan mit dem Austausch der Verantwortlichen im Wirtschaftsministerium eine neue Richtung in der Politik zulässt. Den bisherigen Weg weiterzugehen, hieße dem Land die Medizin zu verordnen, durch die es in die derzeitige Lage gekommen ist. Bei der Besetzung der Zentralbank ist genau dies zuletzt geschehen. Das Misstrauen der Märkte ist entsprechend hoch. Sollte sich jedoch eine Überraschung nicht nur in der Personalpolitik, sondern auch im Handeln der Regierung anbahnen, könnte die Türkei ein äußerst attraktives Land für Investoren darstellen. Das Potential dafür ist vorhanden.


Das Lohnniveau im Land ist attraktiv, die Bevölkerung jung und gut ausgebildet, die Lage zwischen Europa und Asien für den Handel perfekt. Es gilt nur, etwas aus dieser Lage zu machen.

Ob wir mit einer ersten Position in den dortigen Aktienmarkt bereits investieren würden? Nein, erst muss die Politik liefern, dann bleibt genug Zeit, um Positionen aufzubauen.

Seit dem Unterschreiten unter 1,07 ist der Bias des EUR gegenüber dem USD neutral.

Viel Erfolg und einen guten Start in den Tag


© Christian Buntrock
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