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Märkte: Unruhe nach schlechten PMI Daten – Rezessionswarnung für Europa

25.07.2023  |  Christian Buntrock
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1078 (06:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,106 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 141,29. In der Folge notiert EUR-JPY bei 156,52. EUR-CHF oszilliert bei 0,9624.


Märkte: Unruhe nach schlechten PMI-Daten aus Deutschland und Frankreich

Die Veröffentlichung der Einkaufsmanagerindizes für Deutschland und Frankreich löste nach Wochen einer stetigen Aufwärtsbewegung des Euros gegenüber dem US-Dollar eine deutliche Gegenreaktion aus. Der Euro fiel in einer Reaktion auf die Zahlen von 1.1140 auf 1.1070. Im Verlauf des Handelstages konnte er sich auf diesem Niveau stabilisieren.

Neben dem US-Dollar wurden auch Anleihen und Gold zunächst vermehrt nachgefragt, es fehlten aber die Anschlusskäufe, so dass Gold in USD – ebenso wie die 10y-US-Treasuries - auf das ursprüngliche Niveau zurückfiel. Langlaufende Bundesanleihen verteidigten hingegen einen Großteil ihrer Gewinne.

Die großen europäischen Aktienmärkte nehmen die schwachen Daten gelassen auf: je prekärer die Datenlage, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit des Endes des Zinszyklus. Für die Bewertung international aufgestellter Unternehmen kann der Vorteil aus dem Zinseffekt den Nachteil aus der schwachen Konjunktur in Europa durchaus überwiegen.


Deutliche Rezessionswarnung für Europa

Was die Aktienmärkte zunächst gelassen nehmen, ist für die beiden größten Volkswirtschaften ein deutlicher Warnschuss. Der Einkaufsmanagerindex von S&P Global für Deutschland fiel mit 48,3 Punkten auf den niedrigsten Stand in diesem Jahr und liegt damit unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Für Frankreich fiel der Indikator sogar auf 46,6 Punkte und erreichte damit ein 32-Monats-Tief. Kein von Bloomberg befragter Analyst hatte mit einem Einbruch dieser Stärke gerechnet.

Für Deutschland besonders kritisch ist die Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe, der Manufacturing PMI sank von 41,0 Punkten auf 38,3 Punkte. Damit bewegt sich der Wirtschaftssektor auf das Niveau der Coronakrise zu, ganz ohne Lockdown und Lieferkettenengpässe. Bei den Auftragseingängen als auch bei den Auftragsbeständen verzeichnen die Unternehmen einfach einen drastischen Rückgang.

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Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung.


Das Zauberwort heißt an dieser Wettbewerbsfähigkeit. Für diese bescheinigte bereits im letzten Monat das Institute for Management Development in seinem World Competitiveness Report Deutschland einen Einbruch. In dem zugehörigen Ranking rutschte Deutschland vom 15. Platz auf Platz 22 ab. Interessierte finden einen Link zur entsprechenden Seite hier.

Der Abstand zu den USA wächst, da diese unverändert in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auf Platz 9 liegen. Durch die hohen Subventionen für Neuansiedlungen, Infrastrukturmaßnahmen und günstige Energiekosten bessert sich auf der anderen Seite des Atlantiks die Lage für das verarbeitende Gewerbe. Dort stieg der PMI-Indikator von 46,3 auf 49 Punkte.

Eine Trendwende ist insbesondere für Deutschland nicht in Sicht. Spätestens zum Winter wird der Auftragsbestand insbesondere in der Automobilindustrie abgearbeitet sein. Dann wird sich die Entwicklung auch in den nachlaufenden Indikatoren, wie der Arbeitslosigkeit und den Steuereinnahmen bemerkbar machen.


Kommt der Industriestrompreis für 3-5 Jahre?

Das drängendste Problem für die heimische Wirtschaft sind die zu hohen Energiekosten. Das Problem ist bekannt, so schlug Bundeswirtschaftsminister Habeck während seiner Indienreise vor, einen Industriestrompreis für die nächsten 3-5 Jahre einzuführen. Bisher war es sein Ziel, den Industriestrompreis bis 2030 für Unternehmen mit hohem Energieverbrauch zu subventionieren. Der Strompreis, der aktuell bei ca. 28 Cent / kWh liegt, würde dann per Subvention auf 6 Cent reduziert. Die Zeit dränge: "Wenn wir noch lange reden, dann machen die Unternehmen ihre eigenen Entscheidungen und die werden dann nicht mehr für den Standort Deutschland sein", so Habeck.

Kommentar: Herr Habeck hat Recht, die Zeit drängt wirklich. Nur haben viele Unternehmen bereits ihre eignen Entscheidungen getroffen. So berichten die Medien seit Monaten, dass es insbesondere den Mittelstand ins Ausland zieht. Von Unternehmen, die im Verband "Der Mittelstand BVMW", organisiert sind, denken 25% über Produktionsverlagerungen nach. Die Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) musste feststellen, dass für 32% ihrer Mitglieder die Kostenersparnis bei Auslandsinvestitionen im Vordergrund steht. Laut dem Verband der Familienunternehmer planen 34 Prozent keine Investitionen mehr in der Heimat.

Es ist fraglich, ob unser Wirtschaftsminister diese Unternehmer mit seinem Strompreismodell überzeugen kann, da manche Frage durch die Bundesregierung unbeantwortet bleibt. Dazu gehören:

1. Wie soll der deutsche Mittelstand bei den derzeitigen Energiekosten wettbewerbsfähig bleiben, da dieser nicht von dem Industriestrompreis profitiert?

Hier regiert die Bunderegierung mit dem Hinweis, dass Mittelstand und Großindustrie nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten. Das ist korrekt, aber wie überlebt jetzt der Mittelständler?

2. Wie soll während der Subventionszeit das Angebot an Strom durchgängig so erhöht werden, dass der Strompreis für die deutsche Wirtschaft international wettbewerbsfähig wird?

Die bisher gegebene Antwort lautet, dass die regenerativen Energien entsprechend ausgebaut werden müssen. Dies klingt gut, einen konkreten Plan über den Ausbau in einer derartigen Höhe, dass die Angebotsmenge den Strompreis unter 6 Cent / kWh treibt, bleibt die Regierung schuldig. Ebenso eine Antwort auf das Speicher- oder Grundlastproblem, da mit dem AKW-Ausstieg verschärft wurde. Ohne glaubwürdige Antworten und entsprechendes Handeln der Regierung werden Investitionen der Industrie in Deutschland ausbleiben. Es stellt sich sofort die Frage, ob die Wettbewerbsfähigkeit nach Ablauf der Subventionen noch gegeben ist.

Sollte die Regierung keine Antworten auf die gestellten Fragen finden, wird sich der Strompreis trotzdem reduzieren, in diesem Fall passt sich die Nachfragemenge an die Gegebenheiten an, der Gleichgewichtspreis sinkt auf ein für die verbliebene Industrie wettbewerbsfähiges Niveau. Zum Teil haben wir diesen Weg bereits eingeschlagen.


Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1,0820 – 1,0850 negiert dieses Szenario.

Viel Erfolg und einen guten Start in den Tag

© Christian Buntrock
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