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Goldene Frage: Stirbt die Demokratie?

03.09.2024  |  Matt Piepenburg
Hochmut kommt vor dem Fall

Vor vielen Jahren rief der amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama verfrüht den Sieg der liberalen Demokratie und der freien kapitalistischen Marktwirtschaft aus.

In einem jüngst erschienenen Artikel hatte ich argumentiert, dass Francis Fukuyama absolut falsch lag. Leider hatte ich auch geschrieben, dass selbst der Kapitalismus längst gestorben sei und durch eine faktengestützte, wenngleich verstörende Version des Neo-Feudalismus ersetzt wurde, die unter dem Deckmantel des Fortschritts auftritt, welcher zumindest für eine Minderheit von 1-10% der Bevölkerung tatsächlich auch Fortschritt bedeutet.

Natürlich lässt sich das als reine Sensationsmache abtun. Bleiben wir also bei den Fakten, damit alle die Möglichkeit haben, eigene Schlüsse zu ziehen.


Politischer Opportunismus gegen Demokratische Mathematik

In einer von unbeliebten Minderheiten geführten Welt findet die schwindende Stimme des Volkes Ausdruck in Zahlen, und nicht in politischer Ausrichtung. Schauen wir uns das genauer an!

Beispiel Frankreich: Macrons "Zentrumspartei" konnte während der ersten Runde der vorgezogenen Neuwahlen zum Beispiel nur 1/5 der nationalen Wählerstimmen auf sich vereinigen, nachdem sie kurz zuvor bei der Wahl zum Europäischen Parlament noch beschämendere Ergebnisse erzielt hatte. In Deutschland, wo eine Patchwork-Koalition aus drei Parteien regiert, konnte genau diese Koalition im Juni nur 30% der Stimmen auf sich vereinigen.

Und trotzdem behalten die spürbar als auch rechnerisch Unbeliebten die Kontrolle?

In den USA gaben 70% der Amerikaner, unabhängig von parteipolitischer Zugehörigkeit, zu, dass Biden im Grunde untauglich sei, die Nation zu führen.

In Japan hat der Beliebtheitsgrad des Premierministers (Kishida) einen Stand von 13% erreicht; 9/10 der Mitglieder seiner eigenen Partei stimmten gegen ihn.

In Kanada befindet sich Premier Justin Trudeau unterdessen weiterhin im Modus "Überleben durch Koalition", obgleich seine Beliebtheitswerte im eigenen Land bei nur 28% liegen.

Und auch hier behalten die spürbar und rechnerisch Unbeliebten weiterhin die Kontrolle?

"Demokratie" und "Freiheit" – Schlagworte, die den Autoren einer (egal wie fehlerbehafteten) US-Verfassung und den Unterzeichnern des EU-Vertrags von Maastricht einst noch etwas bedeuteten – scheinen heute von Staatsführungen vereinnahmt worden zu sein, die den Willen des Volkes ausdrücklich ignorieren.mDaraus ließe sich ableiten, dass "Demokratie" und "Freiheit" heute reine Begrifflichkeiten und keine gebräuchlichen Routinen mehr sind.

Übrigens hat das nichts mit meinen eigenen politischen Neigungen zu tun (die ich habe); als jemand, der lieber Ökonomien studiert als einfallslose und mittelmäßige Politiker, bevorzuge ich eben den Umgang mit objektiven und unstrittigen Prozentzahlen. Und die oben genannten Prozentzahlen sprechen, fern aller politischen Ideologie, für sich selbst: Was das Volk will, ist nicht das, was das Volk bekommt (bzw. "den" oder "die").


Demokratie ist diffus und chaotisch

Ein bekanntes Zitat von Churchill lautet: “Demokratie ist die schlimmste Regierungsform, abgesehen von all den anderen […]” Denn in einer Demokratie bekommt man nicht immer die gewünschten Ergebnisse; doch im Vergleich zur Autokratie ist sie hier immer noch klar im Vorteil…

Alexis de Tocqueville, kein großer Freund revolutionärer Gewalt, der die USA noch vor dem Bürgerkrieg durchstreifte, wunderte sich auffallend über das mutige Experiment des US-Individualismus und warf die Frage auf, ob eine Regierung des Volkes bessere Ergebnisse erzielen könne als eine Monarchie: "Ich weiß nicht, ob das Volk der Vereinigten Staaten überdurchschnittliche Menschen wählen würde, sollten sie für dieses Amt kandidieren; es ist aber zweifelsohne so, dass solche Menschen gar nicht kandidieren."

Kurz: Demokratie mag diffus und chaotisch sein, und die mehrheitliche Wahlentscheidung mag sich nicht mit den eigenen Vorlieben decken, doch wenn wir in einer Demokratie leben wollen, müssen wir Willens sein, den Mehrheitswillen des Volkes zu akzeptieren.

Diese demokratische Akzeptanz selbst ungewollter Ergebnisse ist der Preis, den der zufriedene als auch der unzufriedene Wähler bei jedem Wahlturnus zu zahlen bereit ist, um ebenjenes demokratische Ideal zu wahren, das zu respektieren jeder Staatsbürger, ob links oder rechts, erklärt. Doch was passiert, wenn diejenigen, die nach Macht streben, keine unerwünschten Ergebnisse akzeptieren wollen? Was, wenn sich "Führungen" und ihre "Koalitionen" an die Macht klammern, obgleich ihnen die mehrheitliche Unterstützung dazu explizit fehlt?


Zustimmungserklärung des Volkes

Ich frage Sie: Ist das Demokratie? Stimmt das Volk seinen "gewählten Vertretern" heute zu?

Möchte das Volk wegen des Ukraine-Krieges einen Atomkrieg riskieren? Wäre es dann antidemokratisch?

Wollen die Väter und Mütter Frankreichs, Deutschlands, der USA und selbst Kiews ihre Kinder in Kriege schicken, für die sich die Machthabenden entschieden haben, die ihre Leben niemals in den Schützengräben aufs Spiel setzen würden? Wäre das Volk dann unpatriotisch?

Will das Volk mehr illegale Immigration, als die eigenen Wirtschaften und verwässerten Kulturen verkraften können? Wäre das Volk deswegen generell rassistisch?

Will das Volk zuschauen, wie die eigenen Währungen entwertet werden, damit Staatsführungen eigentlich nicht existierende „Mausklick-Billionen“ ausgeben können, um Stimmen für ihre nächste Wahl zu kaufen (wobei sie die finanzielle und soziale Zerstörung der nächsten Generation ausblenden)? Wäre das Volk deshalb antikapitalistisch?

Möchte das Volk von Menschen geführt werden, deren intellektuelle, historische, ökonomische oder rechtliche Kompetenz unter der des durchschnittlichen Studienanfängers liegt? Wäre das Volk deshalb elitär?


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